Stellungnahme der FWV-Fraktion zum Haushalt der Stadt Winnenden 2017

Sehr geehrter Herr Holzwarth, sehr geehrter Herr Sailer, sehr geehrter Herr Haas,sehr geehrte Damen und Herren,

wenn man zurückblickt und die Haushalte der Stadt Winnenden seit 2009 betrachtet, könnte man meinen, dass die Ausgangslage gut ist und viele Wünsche erfüllt werden können. Leider ist das nicht so. Wenn wir den Planungszeitraum bis 2020 nehmen, sieht es bei Weitem schlechter aus, als es auf den ersten Blick scheint, trotz einer aktuellen Nullverschuldung unseres Kernhaushaltes. Bei der von Herrn Haas erstellten Finanzprognose bis 2025 verschlimmert sich die Situation noch weiter und dies bei einer aktuell stabilen Konjunktur mit Rekordeinnahmen 2016 bei der Gewerbesteuer und der Grundsteuer. Wir gehen davon aus, dass wir zumindest in den nächsten 1 bis 2 Jahren noch mit einem stetigen Wirtschaftswachstum in Deutschland und Europa rechnen können und keine bösen Überraschungen erleben. Wir hoffen, dass auf unsere Stadt nicht die biblische Formel zutrifft, dass „nach sieben fetten Jahren, sieben dürre Jahre“ kommen.

Die Liste der abzuarbeitenden Aufgaben und Investitionen ist lang und wir müssen die noch gute Konjunktur nutzen, die wichtigsten Maßnahmen umzusetzen ohne die vom Gemeinderat definierte Verschuldungsobergrenze zu überschreiten. Dazu kommt, dass die Landesregierung Fördermittel für Sanierung und Erhalt – nicht Neubau (!) – von Schulen zur Verfügung stellt um den im Lande herrschenden Sanierungstau abzuarbeiten. Die Zuschüsse sind ab 2017 abrufbar bis 2019 befristet und das Volumen ist begrenzt. Für diese Vorhaben an unseren Schulen müssen die notwendigen Eigenmittel von uns eingeplant werden. Allein für das Lessing-Gymnasium erwarten wir Kosten von weit über 3 Mill. €. Dass hier Versäumnisse vorliegen weisen wir zurück. Bereits bisher haben wir ohne Förderung des Landes mit rund 4 Mill. € Fenstersanierungen und Brandschutzmaßnahmen am Georg-Büchner-Gymnasium und Flachdachsanierungen an anderen Schulen und Sporthallen vorgenommen.

Ein weiterer Schwerpunkt wird die Multimediaausstattung und die Vernetzung von Schulen sein. Die Landesregierung stellt hier verstärkt Mittel zur Verfügung die durch Eigenmittel der Kommunen ergänzt werden sollen. Deshalb ist es richtig 500 T€ im Vermögenshaushalt aufzunehmen und für die Planung bereit zu stellen.

Für die Sanierung der Kastenschule und deren Umbau zur Ganztagsschule, stehen geschätzte Kosten von 2,5 Mill. € im Raum. 300 T€ davon haben wir in den Haushalt aufgenommen. Nach detaillierter Planung können wir abschätzen wie hoch die Kosten wirklich sind und in welcher Höhe wir mit Landeszuschüssen rechnen können. Diese Maßnahme ist   unaufschiebbar schon allein wegen der Anforderungen des Brandschutzes an unsere älteste Winnender Schule.

Die Diskussion um den Neubau der Robert-Böhringer-Gemeinschaftsschule nimmt derzeit in der Öffentlichkeit den größten Raum ein. Der Vorwurf, dass der Gemeinderat von Anfang an keine neue Schule wollte ist falsch und bei uns Freien Wählern parteipolitische Hintergründe zu vermuten ist abwegig. Bereits bei der Haushaltsberatung im letzten Jahr sahen wir die im Finanzplanungszeitraum eingestellten 14 Mill. für den Neubau der Schule als nicht belastbar und risikobehaftet an. Nachdem das Raumprogramm des Landes vorlag und Grundlage für die Planung war, erhöhte sich die Bausumme auf 21,9 Millionen.

Dieser Summe lagen erstmals detaillierte Kostenberechnungen zu Grunde. In weiteren Gesprächen mit dem Architekturbüro reduzierten sich die Kosten auf 19,5 Millionen Euro.

Die Förderung des Landes beträgt davon 3,2 Millionen Euro. Die verbleibende Summe ist im Haushalt unserer Stadt nicht finanzierbar. Sämtliche anderen wichtigen Investitionen, auch die schon erwähnten dringend notwendigen Schulsanierungen in unseren Bildungszentren, wären auf Eis gelegt und die Stadt wäre auf Jahre nicht mehr handlungsfähig.

Einer Erhöhung der Gewerbe- oder Grundsteuer in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen in unserem Haushalt werden wir nicht zustimmen. Dazu kommt, dass in der Raumschaft Winnenden-Schwaikheim-Leutenbach-Berglen leere Schulräume vorhanden sind und genutzt werden können. Hier ist interkommunale Zusammenarbeit gefragt. In Leutenbach besteht eine funktionierende Gemeinschaftsschule in die bereits Winnender Schülerinnen und Schüler gehen und die Gemeinde Schwaikheim baut die dort vorhandene Ludwig-Uhland-Schule um und ergänzt sie mit fehlenden Räumen. Klar ist, dass dadurch für eine weitere Gemeinschaftsschule in unserer Raumschaft kein Bedarf vorhanden ist. Wir können und wir wollen nicht den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlen unnötige Belastungen aufbürden.

Dem Ausgang eines möglichen Bürgerentscheides mit der „postfaktischen“ Fragestellung zum Bau einer neuen Gemeinschaftsschule für 14 Mill. sehen wir mit Interesse entgegen. Bei dem vom Land vorgegebenen Raumprogramm ist dies aus unserer Sicht nicht möglich. Unseren Bürgerinnen und Bürgern muss klar werden, welche Folgen ein Bau der Schule für andere Projekte und Planungen in unserer Stadt hat. Ohne drastische Einsparungen an anderen Stellen und deutliche Steuererhöhungen kann dies nicht finanziert werden.

Ein zweites Thema das die Öffentlichkeit zurzeit stark beschäftigt ist die Schaffung von Unterkünften für gemischtes, soziales Wohnen. Die Stadt braucht Wohnraum für die Anschlussunterbringung von über 200 Flüchtlingen die voraussichtlich in den nächsten Monaten und Jahren nach Winnenden kommen. Dazu kommt noch die Nachfrage nach günstigen Wohnungen aus der eigenen Bevölkerung. Unserer Meinung nach ist die Schaffung von Wohnraum verteilt über die ganze Stadt mit ihren Stadtteilen ein guter Weg. Am Beispiel des geplanten ersten Vorhabens in Birkmannsweiler werden jedoch die Schwierigkeiten die auftreten deutlich. Jede Inanspruchnahme von bereits vorhandenem leerstehendem Wohnraum entspannt die Lage. Wir appellieren an die Bevölkerung Wohnraum zur Verfügung zu stellen und uns bei der Unterbringung zu unterstützen. Die finanziellen Belastungen aus diesem Bereich sind noch nicht klar abzuschätzen. Mit der erfolgten Gründung unseres Eigenbetriebes „Stadtbau Winnenden“ und der Verabschiedung des Wirtschaftsplanes 2017 mit der Finanzplanung 2016 – 2020 in der heutigen Sitzung machen wir den richtigen Schritt.

Ein großer Komplex der die Verwaltung und uns Gemeinderäte in den vergangenen Jahren stark forderte ist der Ausbau unserer Stadtwerke und die Übernahme unseres Strom-, Gas- und Fernwärmenetzes. Die Rekommunalisierung unserer Energieversorgung ist eine Aufgabe die für uns zur Daseinsvorsorge für unsere Bürger gehört. Hier haben wir nicht unerhebliche Mittel investiert. Dies ist sicherlich mit Risiken behaftet, die unserer Meinung nach beherrschbar sind, die Chancen überwiegen die Risiken bei weitem. Langfristig erwarten wir hier einen erheblichen Deckungsbeitrag für die defizitären Sparten unserer Stadtwerke wie z.B. das Wunnebad und damit eine Entlastung unseres städtischen Haushaltes.

Was unsere Fraktion beunruhigt ist die sehr verzögerte Erschließung und Bereitstellung von Bauland. Mit unserem größten Baugebiet Adelsbach/Rot sind wir einige Jahre im Verzug. Bei dem aktuellen Engpass am Wohnungsmarkt ist das mehr als ärgerlich. Die Stadtverwaltung und der Gemeinderat legen Wert auf eine dichte Bebauung vor allem mit Mehrfamilienhäusern.

Aktuell wurden und werden in Winnenden allerdings fast ausschließlich größere Bauvorhaben von Bauträgern gebaut und umgesetzt, z.B. das Geberviertel, das Wöhrle-Areal, „Mittendrin“ am Farrenstall, Mietwohnung in der Nikolaus-Lenau-Straße, die Verdichtung im Schiefersee, die Wohn- und Geschäftshäuser in der Bahnhofstraße. Dazu kommt Verdichtung des Gebietes Adelsbach II zum Wohnungsbauschwerpunkt. Ebenso sollen das Gebiet Bildstraße und Sumpfäcker in Birkmannsweiler als weiterer Wohnungsbauschwerpunkt dazukommen.

Im Frühjahr dieses Jahres haben wir im Gemeinderat für unsere Baulandpotentiale eine Prioritätenliste erstellt. Wir sehen diese Entwicklung sehr einseitig. Für Bürger die in einem Einfamilienhausgebiet und ohne Bauträger bauen wollen besteht in Winnenden kaum eine Chance. Es bleibt nur die Möglichkeit in Nachbarorte auszuweichen. Baugebiete die diese Möglichkeiten bieten und bereits über 30 Jahre im Flächennutzungsplan verankert sind, wie z.B. die Bürgäcker in Birkmannsweiler, erscheinen nicht auf der Prioritätenliste.

Nachdem die Stadt jetzt das Verwaltungsgebäude der Volksbank am Bengelplatz von der Volksbank erworben hat, ist es zu einer Entspannung beim Platzbedarf für die Verwaltung gekommen. Die von uns nicht benötigten Grundstücke in der Innenstadt die sich im Eigentum der Stadt befinden wie z.B. das Rössler-Areal oder die Gebäude der ehemaligen Metzgerei-Plapp, sind deshalb zeitnah zu verkaufen. Aktuell ist die wirtschaftliche Lage am Immobilienmarkt sehr positiv. Es lassen sich gute Preise erzielen, da Investoren verstärkt Grundstücke suchen. Wir müssen die Gelegenheit jetzt nutzen und sofort Verhandlungen mit möglichen Investoren aufnehmen. Das gleiche gilt für unser Vorgehen am Kronenplatz. Von der ineffizienten Planung, die sich dort aus dem Wettbewerb ergeben hat müssen wir uns verabschieden. Wir sind auch der Meinung, dass wir in sogenannten „teuren“ Lagen wie am Kronenplatz keine Räume für die Volkshochschule oder das Stadtarchiv schaffen. Hier sind andere Überlegungen gefragt.

Die Personalkosten sind stark angestiegen und betragen inzwischen 25% unseres Verwaltungshaushaltes. Die Steigerungen kommen zu einem Teil aus tariflichen Steigerungen, zum anderen Teil aus Neuschaffungen von Stellen, vor allem durch die Ausweitung der Kinderbetreuung. Wir werden ein verstärktes Augenmerk zukünftig auf die Entwicklung der Personalkosten, vor allem in der Kernverwaltung, legen.

Eine nicht zu unterschätzende Aufgabe für unsere Kommune ist in den nächsten Jahren die Umstellung unserer Haushalts- und Finanzwirtschaft von der Kameralistik auf ein kaufmännisches Rechnungswesen mit doppelter Buchführung, kurz Doppik. Auf der einen Seite bedeutet dies mehr Klarheit in der Planung und wir sehen zukünftig deutlich ob wir von der Substanz leben. Andererseits wird die künftige Berücksichtigung von Abschreibungen, die zu erwirtschaften sind, unseren Handlungsspielraum einschränken. Die Höhe der Abschreibungen die wir zukünftig berücksichtigen müssen ist uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt, sicher ist aber, dass die Finanzknappheit unseres Haushaltes transparenter wird und der Konsolidierungsdruck steigt. Es wird zu weiteren Einschränkungen kommen.

Wie auch immer, es werden spannende Jahre.

Die Freie Wähler Fraktion bedankt sich bei den Winnender Bürgerinnen und Bürgern für ihre

Steuerzahlungen und für ihr ehrenamtliches Engagement. Bei Ihnen, Herr Oberbürgermeister Holzwarth, Herr Bürgermeister Sailer, bei Herrn Haas und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung bedanken wir uns für die sehr gute Arbeit, sowie bei den Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates für die konstruktive Zusammenarbeit. Wir wünschen Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest und ein erfolgreiches Jahr 2017!

Dem Haushalt 2017 stimmen wir zu.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Marie-Christine Sammet

 

 

 


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