Stellungnahme der FWV-Fraktion zum Haushalt der Stadt Winnenden 2018

Sehr geehrter Herr Holzwarth, sehr geehrter Herr Sailer, sehr geehrter Herr Haas,sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben zur diesjährigen Haushaltsberatung erstmals einen doppischen Haushaltsplan 2018 vorgelegt bekommen. Der Zeitplan zur Umstellung auf das neue Haushaltsrecht war unseres Erachtens gut gewählt, da es sich mit den vorgelegten, überwiegend positiven Zahlen leichter umgehen lässt. Die erstmalige Beschäftigung mit dem nach dem neuen Haushaltrecht vorgelegten Werk war eine Herausforderung für uns als Gemeinderäte und beanspruchte uns in unseren vorbereitenden Sitzungen ziemlich, trotz der im Vorfeld erhaltenen Information und der Schulungen zum neuen Haushaltsrecht. Vieles musste hinterfragt und geklärt werden. Manches ist auch heute noch nicht 100prozentig klar und es bedarf sicher noch einiger Nachfragen.

Wir reden jetzt nicht mehr von Haushaltsstellen sondern von Produkten, Produktgruppen und Produktplänen. Beruhigend ist, dass sich alle wichtigen Einnahmequellen wie Gewerbe- und Grundsteuer, unser Anteil an der Einkommensteuer, die Vergnügungssteuer, Zuweisungen und Gebühren in den Produkten wiederfinden und vor allem, dass diese Einnahmen weiter eingehen und nicht nur das, sondern, dass sie sich auch nochmals deutlich erhöht haben. Wenn man den Steuerschätzern Glauben schenken kann, geht das auch den ganzen Finanzplanungszeitraum bis 2021 so positiv weiter.

Die Abschreibungen für den Haushalt 2018 sind noch nicht ermittelt und wurden geschätzt. Ich hoffe, dass wir keine allzu großen Überraschungen erleben, wenn die Abschreibungen im Laufe des nächsten Jahres vorliegen. Wahrscheinlich wird der Haushaltsausgleich insgesamt etwas schwieriger werden. Mal sehen! Wir haben ja auch noch in der Übergangzeit bis 2020 Möglichkeiten an verschiedenen Stellschrauben zu drehen.

Bei den Haushaltsberatungen wurden die wichtigsten Komponenten des Ergebnis- und des Finanzhaushaltes von Frau Schrag gut und deutlich vorgestellt und erklärt. Durch das abarbeiten der Produktgruppen wurde manches klarer und die eine oder andere offene Frage beantwortet. Ich denke, dass wir im Laufe der nächsten Zeit mit dieser Methode „Learning by Doing“ unseren doppischen Horizont deutlich erweitern werden.

Allerdings steigen nicht nur die Einnahmen, sondern auch die Ausgaben weiter an. Ob es im Haushaltsjahr 2018 zu den geplanten 800 T€ Kreditaufnahmen kommt, wird sich im Laufe des Jahres zeigen. Insgesamt gehen wir von einer positiven Grundstimmung aus.

In den letzten Jahren hat sich der „Konzern Stadt Winnenden“ gut entwickelt. Durch den Kauf des Stromnetzes, unserer Beteiligung am Gasnetz und an der Fernwärmeversorgung haben wir Investitionen in unsere Versorgungsinfrastruktur vorgenommen. Wir haben unsere Stadtwerke ausgebaut und gestärkt und wir sind überzeugt, dass diese Maßnahmen wichtig und richtig waren für die Daseinsvorsorge unserer Stadt und dass diese Investitionen langfristig nachhaltige, positive Beiträge zu unserem Haushaltsbudget bringen. Wir sind im Energiebereich weitgehend „Herr im eigenen Haus“ mit allen Chancen und Vorteilen aber auch Risiken. Wir meinen aber, dass die Vorteile überwiegen und die Risiken beherrschbar sind. Bei der beschriebenen, dynamischen Entwicklung unserer Stadtwerke müssen wir uns auch über kurz oder lang der Frage stellen: „Wo schaffen wir neue, ausreichende und auch attraktive Räume für unsere Tochter die Stadtwerke Winnenden GmbH?“

Die Weichen für den Finanzplanungszeitraum bis 2021 werden mit diesem Haushalt gestellt. Finanzielle Schwerpunkte bilden der Bereich „Bildung und Betreuung“, unser Eigenbetrieb „Stadtbau Winnenden“ , der weitere Ausbau unser Infrastruktur und unserer Ver- und Entsorgung.

Der Bereich Bildung und Betreuung nimmt mit rund 30 Millionen Euro den Spitzenplatz ein. Ein zentrales Thema ist dabei die Multimediaausstattung und die Vernetzung unserer Schulen, die in den nächsten Jahren erfolgen soll und die wir als dringend notwendig erachten. Weitere große Summen werden für den Ausbau und die Sanierung der Kastenschule zu einer attraktiven und leistungsfähigen Ganztagschule benötigt. Die dringend anstehende Sanierung des Lessing-Gymnasium beansprucht vorsichtig geschätzte 10 Millionen Euro an Investitionsmitteln. Dazu kommt noch die Mensa für das Bildungszentrum II, die für 3,5 Millionen eingeplant ist.

Die zunehmende Kinderzahl bedingt zusätzliche Maßnahmen bei der Kinderbetreuung der Klein- und Kindergartenkinder. Im Schelmenholz ist ein zusätzliches Kinderhaus erforderlich, das im Bereich Burgeräcker gebaut werden soll. Da es zu Verzögerungen kommt soll zwischenzeitlich auf dem an den Kindergarten Körnle angrenzenden Spielplatz eine Interimslösung in Modulbauweise errichtet werden.

Für das Neubaugebiet Adelsbach ist ebenfalls ein neues Kinderhaus notwendig. Mit dem Bau soll 2019 begonnen werden. Im Ortsteil Höfen begegnen wir der steigenden Kinderzahl mit einem ergänzenden Kindergartenangebot in flexibler Modulbauweise. Bei diesen Investitionen handelt es sich aus unserer Sicht um wichtige Zukunftsinvestitionen, die nur durch den Verzicht auf den Bau einer Gemeinschaftsschule möglich sind.

Bei einem Defizit von rund 9 Millionen im Bereich der Kinder- und Tagespflege erscheinen die Elternbeiträge von rund 1 Million gering. Trotzdem warnen wir davor, wie gerade immer wieder in der Politik diskutiert wird, zukünftig keine Elternbeiträge zu erheben. Einzelne Städte, wie z.B. Heilbronn mit einer sehr guten Einnahmestruktur, können sich dies zwar leisten, der Großteil der Städte und Gemeinden, wie auch Winnenden, kann allerdings auf diese Einnahmen nur bei vollständigem Kostenersatz durch Land oder Bund verzichten. Im Übrigen gilt: „Was nix koscht isch au nix wert“!

Durch den Anstieg der Bevölkerung wird in Winnenden zusätzlicher Wohnraum benötigt, dem wir, von uns kritisch begleitet, mit der Gründung des Eigenbetriebes „Stadtbau Winnenden“ begegnen wollen. Ziel ist es, mit der Stadtbau eine sozial verantwortbare Wohnungsversorgung für breitere Schichten der Bevölkerung sicher zu stellen. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum für Winnender Bürger, aber auch für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen. Wir halten es aktuell durchaus für sinnvoll, Wohnraum durch eine städtische Gesellschaft zu schaffen, halten aber Bauvorhaben, wie in der Gerberstraße, bei dem die Ausgaben weit über den vergleichbaren Kosten für den sozialen Wohnungsbau liegen, für total überzogen. Solchen „Luxusausgaben“ werden wir auch zukünftig auf keinen Fall zustimmen. Die geplanten Vorhaben in Birkmannsweiler, der Forchenwaldstraße und der Robert-Böhringer-Straße finden im Grundsatz unsere Zustimmung. Aus unserer Sicht ist es aber wichtig, dass sensibel vorgegangen wird und in einem gewachsenen Wohngebiet das Volumen solcher Bauvorhaben dem Wohnumfeld angepasst wird. Damit wird auch eine bessere Akzeptanz in der Nachbarschaft erreicht.

Was uns schon immer Sorgen bereitet ist die schleppende Entwicklung bei der Verwirklichung unserer Bebauungspläne. Seit Jahren bemängeln wir dies in unseren Haushaltsstellungnahmen. Bei neuen Baugebieten könnten wir mit Bauträgern bestimmte Quoten für bezahlbaren Wohnraum vereinbaren und so für zusätzliche Entspannung in diesem Bereich sorgen. Im Ankündigen sind wir Weltmeister, leider nicht bei der Umsetzung. Bestes Beispiel ist das Baugebiet „Adelsbach“. Vielleicht schaffen wir es im nächsten Jahr mit der Erschließung zu beginnen und weitere, längst vom Gemeinderat beschlossen Baugebiete, warten auf Erschließung. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“!

Winnenden steuert in den nächsten Jahren auf eine Einwohnerzahl von 30.000 Einwohnern zu, die dadurch entstehenden zusätzlichen Aufgaben sind zu bewältigen. Deshalb begrüßen wir außerordentlich das gestartete Projekt „Verwaltung 4.0“. Durch die Digitalisierung und Modernisierung lässt sich die Kommunikation zwischen der Verwaltung und den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch Abläufe innerhalb der Verwaltung, vereinfachen und verbessern. Eine effiziente und trotzdem bürgernahe Verwaltung ist ein wichtiger Standortfaktor und daran geht auch im Sinne eines effektiven Kostenmanagements kein Weg vorbei. Die hier eingesetzten Finanzmittel sind überschaubar, aber wichtig für die Zukunft.

Rund um den Kronenplatz werden in hoffentlich nicht allzu langer Zeit Bagger anrollen und die Silhouette des Quartiers unverkennbar verändern. Wir freuen uns, dass private Investoren am Holzmarkt mit einem neuen Geschäfts- und Wohngebäude die dortige Substanz verbessern und ein attraktives Bauvorhaben verwirklichen. Wir hoffen, dass auf der anderen Seite der B14 im Farrenstallgelände die Gruppe „Mittendrin“ demnächst mit dem Bau des Mehrgenerationenhauses beginnt. Für die umstrittene Zu- und Abfahrt zur Parkgarage scheinen Lösungen in Sicht zu sein.

Höhepunkt wird sicher die Bebauung des „Filetstücks“ zwischen Marktstraße und Bahnhofsvorstadt, des direkten Kronenplatzes. Wir haben uns immer gegen städtische Investitionen an diesem zentralen Platz ausgesprochen. Für die vorgesehene Nutzung durch das Archiv und die VHS waren die berechneten Kosten zu hoch und nicht finanzierbar. Es war eine „schwere Geburt“, aber wir stehen voll hinter der Entscheidung für einen privaten Investor und der Auswahl durch ein Interessenbekundungsverfahren. Die vorliegenden 4 Angebote versprechen ein attraktives Bauvorhaben. Der Gemeinderat wird Anfang 2018 die Qual der Wahl haben, sich für ein passendes Projekt zu entscheiden. Es wird spannend werden.

Für das Archiv haben wir eine auf Dauer eine gute und passende Lösung im Gewerbegebiet von Birkmannsweiler gefunden. Die aus dem Verkauf des Kronenplatzgeländes erzielten Erlöse kommen unserm Haushalt zu Gute und können für andere wichtige Zwecke eingesetzt werden.

In den nächsten Jahren müssen wir für neue Räume unserer Volkshochschule eine machbare und finanzierbare Lösung finden. Wir sehen Möglichkeiten in oder nahe der Innenstadt. Der im Alten Rathaus freiwerdende Raum kann dann für dringend benötigte Büroräume der Stadtverwaltung genutzt werden.

Kurzfristig und wenn auch nur vorübergehend, kann es durch die zusätzliche Nutzung der ehemaligen Notariatsräume für die VHS in der Wiesenstraße zu einer Entspannung kommen. Dieses Grundstück in der Wiesenstraße und die Grundstücke im Bereich des „Rößler Areals“ bieten allerdings auch attraktive Möglichkeiten, die Innenstadt weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang muss auch über den Verbleib des Bauhofes in der Wiesenstraße oder eine mögliche Verlegung gesprochen werden. Die Diskussion sollten wir 2018 beginnen. Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Stadtverwaltung für Frühjahr 2018 eine Klausurtagung zur Erarbeitung von Konzepten für die weitere Entwicklung unserer Stadt plant. Wir brauchen ein gemeinsames zukunftsweisendes Konzept für die Innenstadt mit verbesserten Parkierungsmöglichkeiten und eine Strategie für die zukünftige Gewerbe- und Wohnbauentwicklung und keine Flickschusterei!

Die Verbesserung des Belags der Fußgängerzone ist bei der Bevölkerung, trotz der knappen Entscheidung im Gemeinderat, auf große Zustimmung gestoßen. Der schlechte Belag in den Seitenstraßen fällt jetzt noch deutlicher auf. Deshalb halten wir es für sinnvoll 2019 mit der Planung für einen neuen Belag in der Mühltorstraße, der Schlossstraße und der Torstraße zu beginnen und das Vorhaben nach den Heimattagen 2019 umsetzen. Ein weiterer Schritt zur Attraktivitätsverbesserung unserer Innenstadt.

Die Konjunktur brummt, die Wirtschaft, und damit auch die Einnahmen der öffentlichen Haushalte, wachsen seit 8 Jahren. Die Wirtschaft ist in Feierlaune. Die Hochkonjunktur hat zu einer Überauslastung in der Baubranche geführt. Der Bauboom, treibt jedoch auch die Baukosten in neue Höhen. Für uns bedeutet dies, dass wir auf der einen Seite mit unseren Einnahmen sinnvolle Infrastrukturprojekte, wie vorher beschrieben, verwirklichen. Auf der anderen Seite sollten wir jedes Projekt, das wir beginnen, vor der Umsetzung nochmals auf seine Dringlichkeit gründlich überprüfen, ob die Verwirklichung nicht zeitlich gestreckt werden kann, etwa, wenn sich die Lage in der Bauwirtschaft wieder entspannt. Wir brauchen eine kluge und durchdachte Investitionspolitik mit klaren Prioritäten.

Wir haben die letzten Jahre genutzt, mit den hohen Steuereinnahmen unsere Schulden zu reduzieren und trotzdem weitgehend sinnvolle Investitionen für unsere Stadt vorzunehmen. Wir begrüßen die Aussage der Verwaltungsspitze, dass bis 2021 keine Steuererhöhungen geplant sind. Abgesehen davon: Steuererhöhungen wären mit unserer Fraktion auch nicht möglich gewesen! Wir fordern auch keine Senkung der Realsteuerhebesätze aber wir müssen die prognostizierten guten Steuereinnahmen nutzen, um unsere Vorhaben maßvoll mit einer bedachten Investitionspolitik umzusetzen.

Dabei dürfen wir unseren Schuldenstand nicht aus den Augen verlieren und versuchen, deutlich unter der selbstgesetzten Obergrenze von 17 Millionen Euro für unseren städtischen Haushalt zu bleiben. Dies gilt für den Kernhaushalt, aber auch für die gesamten Verbindlichkeiten des „Konzerns Stadt Winnenden“.

Mehr denn je gilt unser Schlussabsatz, mit dem wir jedes Jahr unsere Haushaltsstellungnahme beenden:

Die Freie Wähler Fraktion bedankt sich bei den Winnender Bürgerinnen und Bürgern für ihre

Steuerzahlungen und für ihr ehrenamtliches Engagement. Bei Ihnen, Herr Oberbürgermeister Holzwarth, Herr Bürgermeister Sailer, bei Herrn Haas, Frau Schrag und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung bedanken wir uns für die sehr gute Arbeit, sowie bei den Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates für die konstruktive Zusammenarbeit. Wir wünschen Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest und ein erfolgreiches Jahr 2018!

Dem Haushalt 2018 stimmen wir zu.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 


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