Kommunalwahl in Winnenden – Vorerst wohl keine großen Sprünge möglich

Die Stuttgarter Zeitung berichtete am 22.05.2024 über die Kommunalwahl in Winnenden. Hier der Bericht von Frank Rodenhausen:

Themen zum Anpacken gibt es auch in Winnenden viele. Eines jedoch eint fast alle Parteien und Gruppierungen, die sich zur Kommunalwahl stellen: Nach größeren Investitionen in jüngster Zeit hat für sie jetzt erst mal finanzielle Konsolidierung Priorität.

Sechs Parteien oder Gruppierungen bewerben sich bei der Kommunalwahl um die 26 Sitze im Winnender Gemeinderat. Eine Liste ist komplett neu.

Veränderungen im Gremium Alle fünf aktuell im Gremium vertretenen Parteien oder Gruppierungen bewerben sich erneut. Die Alternative und grüne Liste (Ali) firmiert sich in Nuancen um und wird auf dem Wahlzettel unter Grüne/ALi zu finden sein. Lediglich noch drei ihrer Kandidaten dürfen dabei auf einen „Amtsbonus“ hoffen, da zwei der bisherigen ALi-Stadträte – Rahel Dangel und Maria Papavramidou – nicht mehr antreten.

Bei der SPD stellen sich in Renate Sanzenbacher und Jens Bauder zwei der drei amtierenden Räte nicht zur Wahl. Der langjährige Fraktionschef Andreas Herfurth, der schon vor geraumer Zeit für die Genossen einen Generationenwechsel ausgerufen hat, ist bewusst lediglich auf Platz sieben platziert. Den Spitzenrang nimmt der 37-jährige Sozialarbeiter Mark Gutwinski ein, politisch ein eher noch unbeschriebenes Blatt. Er könnte bei einer Wahl den Fraktionsvorsitz von Herfurth übernehmen.

Auch bei der CDU ziehen sich in Bettina Jenner-Wanek und Celine Traub zwei amtierende Räte zurück. Ansonsten setzt die Union auf den Spitzenplätzen auf bewährtes Personal und hat bei der Aufstellung der Liste auf eine paritätische Besetzung geachtet.

Die FDP rühmt sich hingegen, eine besonders junge Liste aufgestellt zu haben. Elf der 26 Kandidaten sind 35 Jahre oder jünger. Der jüngste Kandidat ist der 16-jährige Gymnasiast Merdan Mardini Cakir. Die vorderen Plätze indes belegen die vier amtierenden Gemeinderäte, darunter auch der 74-jährige Diethard Fohr.

Auch bei den Freien Wählern, der aktuell mit acht Sitzen stärksten Fraktion im Gemeinderat, treten alle amtierenden Räte erneut an. Die Hälfte aller Kandidaten steht indes zum ersten Mal auf der Liste.

Komplett neu zur Wahl stellt sich die Bürgerstimme Winnenden. Auffallend in Wahlkampferscheinung getreten ist sie bisher nicht. Mehreren ihrer Mitglieder wird eine gewisse Nähe zur AfD und der Querdenker-Szene nachgesagt.

Erfolgseinschätzungen „Wenn wir wieder mit acht Stadträtinnen und Stadträten in den Gemeinderat der Stadt Winnenden einziehen, sind wir zufrieden“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Hans Ilg, „alles darunter wäre nicht gut.“ Letzteres ist auch von Thomas Traub (CDU) zu hören. Man bemühe sich aber, die Fraktionsstärke von sechs auf sieben Personen zu erhöhen.

Christoph Mohr ist zuversichtlich, dass die ALi auch unter modifiziertem Namen ihre fünf Mandate halten wird, Andreas Herfurth (SPD) ist „gespannt, wie die Stimmung über die Berliner Politik sich auf die kommunale Ebene auswirkt“.

Nicole Steiger (FDP) wäre unabhängig von den Mandaten der eigenen Partei „zufrieden, wenn zukünftig mehrheitlich Menschen im Stadtrat sitzen, die liberale Politik machen oder unterstützen“.

Die wichtigsten Themen Nach Jahren notwendiger hoher Investitionen verbunden mit steigenden Zinsen müsse der Fokus für die kommenden Jahre auf der „Begrenzung beziehungsweise Zurückführung der Schulden“ liegen, sagt Thomas Traub für die CDU. Als „zweites großes Thema“ sieht der Schatzmeister der Christdemokraten die „menschenwürdige Unterbringung sowie die Integration der geflüchteten Menschen“ an.

Eine ganz ähnliche Agenda haben die Freien Wähler. Hans Ilg: „Nach der Sanierung unseres Lessinggymnasiums, dem Bau einer Ganztagsschule und dem dringend benötigten Bau von Kindertagesstätten sind die finanziellen Ressourcen aufgebraucht. Die gestiegene Verschuldung lässt aus unserer Sicht in den nächsten Jahren keine großen Themen zu“, sagt er.

 Christoph Mohr nennt ureigenste „grüne“ Themen wie Klimaschutz, Klimawandelanpassung, Wärmewende (kommunale Wärmeplanung), Verkehrswende (Radwegekonzept, ÖPNV), Energiewende (Windenergie, Solarenergie) als Top-Prioritäten.

Nicole Steiger hat für die FDP unter anderem die Beschleunigung von Baugenehmigungen, den Abbau von Bürokratie und bürokratischem Handeln sowie die Weiterentwicklung des Rathauses als Servicestelle für den Bürger auf der Agenda.

Arbeitsweise/Atmosphäre im Gremium Als „außergewöhnlich gut“ bezeichnet die Chefin der Liberalen die Atmosphäre im Gemeinderatsgremium. Es bestehe Wertschätzung und Respekt gegenüber allen Mitgliedern des Rates und auch gegenüber der Stadtverwaltung auf einer persönlichen Ebene. „Konstruktiv, kollegial, respektvoll und vertrauenswürdig“ sind die Adjektive, die Thomas Traub (CDU) dazu einfallen.

Hans Ilg schränkt auf „meistens respektvoll“ ein und sagt: „Es gibt glücklicherweise nur wenige ‚Laberer’ und keine extremen Fraktionen weder links noch rechts.“

Christoph Mohr (Grüne/Ali) stößt in ein ähnlich klingendes Horn, hat aber bisweilen „den Eindruck, dass die Stadtverwaltung in manchen Punkten progressiver und moderner unterwegs war als die eher konservative Mehrheit des Gemeinderats“.

Zufriedenheit mit der Rathausspitze Während Hans Ilg mit der Arbeit der Verwaltungsspitze „im Großen und Ganzen zufrieden“ ist und moniert, dass manche Themen etwas zielgerichteter und schneller abgearbeitet werden könnten, nötigt deren Einsatz Nicole Steiger Respekt ab. „Das ist eine 24/7-Aufgabe, die nicht immer vergnügungssteuerpflichtig ist und großes persönliches Engagement fordert. Dieser außergewöhnliche Einsatz zu jeder Tages- und Nachtzeit ist nicht selbstverständlich und sollte allgemein in der Gesellschaft mehr anerkannt werden“, sagt sie. Gleichwohl habe sie qua ihrer Partei-DNA „natürlich teilweise eine andere Sicht auf staatliches Handeln oder die Aufgaben, die ein Staat, eine Kommune erledigen sollte und welche der Privatwirtschaft überlassen gehören“.

Grundsätzlich zufrieden ist auch die CDU. Verbesserungsbedarf sieht der Fraktionschef beim „Dienstleistungsgedanken der Mitarbeiter in verschiedenen Verwaltungsbereichen. Insbesondere im Bereich des Baurechts ist eine schnellere und pro-aktivere Arbeit in der Verwaltung wünschenswert“.

 


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