Stellungnahme der Freien Wählervereinigung zum Haushalt der Stadt Winnenden 2023

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Holzwarth,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Sailer,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Haas,
werte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
verehrte Zuhörer und Gäste der heutigen Gemeinderatssitzung,

uns sind allen die großen Herausforderungen unserer Zeit bekannt: Die vergangenen Jahre waren geprägt durch die Corona-Pandemie und seit dem 24. Februar 2022 rücken zunehmend Themen wie Zivil- und Bevölkerungsschutz, die Sicherung der Energieversorgung und die Unterbringung zahlreicher geflüchteter Ukrainer in den Mittelpunkt. Zugleich stehen die Zeiger der Zeit auf Veränderung.

Und ich möchte den Kern unserer Haushaltsrede bereits vorwegnehmen. Die Finanzen und damit die Verwaltung ist an der Grenze dessen angekommen, was wir leisten können. Und hierbei möchte ich mich an den Aussagen des Gemeindetags Baden-Württemberg bedienen: Ein „Weiter so“ kann es nicht mehr geben. Wir müssen grundsätzlich darüber diskutieren, was wir mit welchen Standards umsetzen und leisten können. Was unsere Pflichtaufgaben sind und wo wir uns ein Extra gönnen möchten bzw. können.

Aber werfen wir gemeinsam einen Blick auf unseren Haushalt für das Jahr 2023 und auf die Finanzplanung bis 2026.Bisher konnten wir die Herausforderungen trotz vieler unverständlicher Diskussionen und trotz oftmaliger Uneinigkeit zwischen Bund und Ländern, unterm Strich gut bewältigen. Das damalige Konjunkturpaket der Bundesregierung hat Ausfälle bei der Gewerbsteuer kompensiert und in unserem Haushalt sogar zu Mehreinnahmen geführt. In diesem Jahr hat sich die Situation jedoch deutlich verschärft, die Rahmenbedingungen haben sich katastrophal verschlechtert. Wir sind an dem Punkt, an dem wir sagen müssen: „Es darf kein „Weiter so“ mehr geben.“

Wir haben durch den Ukrainekrieg steigende Flüchtlingszahlen und stark steigende Energiekosten. Dazu kommen noch steigende Zinsen und Baukosten. Der städtischen Haushalt wird zusätzlich von stark anwachsenden Personalkosten und einer um mehrere Millionen Euro höheren Kreisumlage belastet. Dies alles bei einer hohen Inflation und einer beginnenden Rezession, die zur Reduzierung des Steueraufkommens, und damit zu einer Reduzierung unserer Einnahmen führen kann.

Wir sind mitten in einer multiplen Krise, die sich deutlich in unserem Haushalt widerspiegelt. Sie erwarten, Herr Oberbürgermeister, dass es durch Hilfspakete von Bund und Ländern zu einer Entlastung des Kreishaushaltes kommt, die dann zu Teilen an die Kommunen weitergegeben wird. Wir sehen das nicht so optimistisch. Der Bund ist zwar bei seiner Haushaltsplanung mit Schaffung von „Sondervermögen“ und Ergänzungshaushalten zur Umgehung der Schuldenbremse sehr kreativ, am Ende steht aber eine drastische Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte.

Unser gesetztes Ziel, unseren Ergebnishaushalt innerhalb des Finanzplanungszeitraums auszugleichen ist in weite Ferne gerückt. Wir haben uns vor Jahren eine Schuldenobergrenze von 17 Millionen Euro gesetzt, um auch in Zukunft handlungsfähig zu sein. Wenn wir die aktuellen Zahlen anschauen alles „Schall und Rauch“. Seit der Umstellung des Haushaltes von der Kameralistik auf die doppelte Buchführung befinden wir uns „noch etwas im Ungefähren“ um sie Herr Oberbürgermeister zu zitieren. Wir würden sagen, und damit meinen wir Verwaltung und Gemeinderat, uns fehlt der Überblick, die gesetzte Schuldenobergrenze ist nur noch Makulatur.

Bei der Einbringung des Haushaltes am 10. November wurden wir von „vorübergehend“ geplanten Schulden in Höhe von über 23 Mill. Euro überrascht, die allerdings bis 2026 durch Veräußerung von Grundvermögen wieder auf 17 Mill. Euro zurückgeführt werden sollten. Zwei Wochen später, kurz vor unserer Haushaltsberatung, wurde uns mitgeteilt, dass die Verschuldung der Stadt im Finanzplanungszeitraum auf über 35 Mill. Euro ansteigt. Und dabei handelt es sich ausschließlich um die Verschuldung des Kernhaushaltes.

Orientiert an den Sparvorschlägen der Haushaltsplanberatungen der vergangenen Jahre, haben wir als Fraktion der Freien Wähler in diesem Jahr keine Anträge gestellt, welche unseren Haushalt zusätzlich belasten. Im Gegenteil, wir haben hier ausschließlich Einsparmaßnahmen angebracht und freuen uns, dass wir in diesem Jahr auch die Zustimmung zu verschiedenen Vorschlägen von der Mehrheit des Gremiums erhalten haben. Wenn man nicht nur den Kernhaushalt, sondern auch die Nebenhaushalte, des „Konzerns Stadt Winnenden“ sieht, kommt noch die geplante Verschuldung der Stadtwerke mit 18,5 Millionen Euro hinzu. Mit der geplanten Neuaufnahme von Krediten des Eigenbetriebs „Stadtbau Winnenden“ steigt dort Verschuldung auf über 40 Millionen. Damit steigt die Verschuldung des Konzerns Stadt Winnenden auf über 90 Millionen Euro.

Durch den steigenden Abmangelausgleich bei der „Stadtbau“, durch den Abmangelausgleich und die geplante Eigenkapitalstärkung bei den Stadtwerken wird unser Kernhaushalt mehr als geplant belastet. Nie aus den Augen verlieren sollten wir allerdings, dass die Stadtbau ursprünglich gegründet wurde, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und damit den städtischen Haushalt nicht zu belasten, d.h. dass die Einnahmen den Großteil der Ausgaben decken. Dies sollten wir nochmal mit kritischem Blick betrachten.  Wir sehen es deshalb als absoluten Tabubruch an, dass die Finanzierung des Kinderhauses Körnle III mit 6,8 Millionen Euro über den Haushalt der Stadtbau erfolgt. Dies ist eine kommunale Kernaufgabe der Stadt und sollte entsprechend auch im Kernhaushalt verortet werden. Bleiben wir bei der Stadtbau: Wir sehen zwar den aktuellen Mangel an bezahlbarem Wohnraum, aber eine noch höhere Verschuldung unseres Eigenbetriebes Stadtbau Winnenden sehen wir sehr kritisch. In dieses Handlungsfeld müssen wir neue Partner, wie Privatpersonen, Bauträger oder Genossenschaften mit einbeziehen. Hier gibt es im neuen Jahr aus unserer Sicht dringenden Diskussionsbedarf und wir bitten die Verwaltung, eine Diskussion im Gremium einzuplanen.

Für unser Fraktion bedeutet die aktuelle Lage, dass wir nur noch Maßnahmen finanzieren können, die bereits begonnen sind, wo wir gesetzlich oder vertraglich dazu verpflichtet sind. Wir müssen uns auf das Wesentliche beschränken. – Ein „Weiter so“ kann es nicht mehr geben.

Einigkeit besteht, dass im Bereich Bildung und Betreuung keine Einsparungen möglich sind. Im Kinder und Jugendbereich müssen wir unsere geplanten Investitionen umsetzen. Die Bauten der geplanten Kinderhäuser im Adelsbach und Koppelesbach sind fertigzustellen. Ebenso ist die Sanierung des Lessinggymnasiums abzuschließen. Auch hier sollten wir bei zukünftigen Planungen darauf achten, was wir brauchen, was wir planen und was wir umsetzen können. Ziel sollte es sein, dass Baumaßnahmen rechtzeitig abgeschlossen sind, wir sie finanzieren können und unsere Kinder und Jugendlichen in den Einrichtungen zeitgemäß und in gebotener Qualität betreut werden können.

Mit der Neugestaltung der Ortsdurchfahrt der B14 wurde begonnen, hier liegen auch hohe Förderzusagen vor, dieses Bauvorhaben ist abzuschließen. Wir freuen uns über diese Baumaßnahme und sehen einen großen Mehrwert für eine weitere steigende Aufenthaltsqualität in der Kernstadt.

Es stehen jedoch noch weitere Baustellen bevor: Die Investitionen in das produktive Stadtquartier, mit dem wir an der IBA 2027 teilnehmen ist auf das nötigste zu beschränken und auch davon abhängig zu machen in welchem Umfang mögliche Investoren vorhanden sind. Die fußläufige Verbesserung der Nebenstraßen der Marktstraße muss nochmal geschoben werden. Planungsmittel für den Radwegausbau, sofern sie nicht von anderen Straßenbaulastträgern bezahlt werden, sind auf das mindeste zu beschränken. Die Planungen der Radtangente Ost ist zu überdenken, die Mittel dafür müssen geschoben werden.

Die Schaffung eines Erlebnisbereiches entlang des Buchenbachs ist zwar wünschenswert, aber aktuell nicht finanzierbar, außer dem Erwerb von wichtigen Grundstücken sind alle anderen Maßnahmen zu verschieben.

Nicht finanzierbar in den nächsten Jahren sind neue Räumlichkeiten für die VHS, Bau von Kleinturnhallen, Bau von öffentlichen Stellplätzen am Kronenplatz, Einführung eines Parkleitsystems und die Brandschutzsanierung des Rathauses, sofern verschiebbar. Darüber hinaus müssen neue Baulanderschließungen überdacht werden.

Die Planung, die Stadtwerke, den Bauhof und die Stadtgärtnerei zu technischen Betrieben der Stadt zusammenzufassen und damit Synergieeffekte zu erzielen, findet unsere Zustimmung. Inzwischen wurden bereits für rund 2 Millionen Euro die notwendigen Grundstücke im Brühl erworben, die jetzt natürlich unseren Haushalt belasten. Aus unserer Sicht ist dieses Vorhaben bis auf Weiteres auf Grund der beiderseits sehr stark belasteten Haushalte nicht umsetzbar.

Der größte Aufwandsposten im Ergebnishaushalt sind die Personalaufwendungen. Durch die schon angesprochenen inflationsbedingten Tariferhöhungen und die Übertragung von neuen Aufgaben an die Kommunen kommt es hier zu enormen Steigerungen. Wir haben großes Verständnis für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung. Zumal die zu Beginn angesprochenen Krisen vor Ort in der Verwaltung oftmals vom selben Personal gelöst werden. Jedoch ist es aus unserer Sicht Zeit dafür, dass wir gemeinsam ein Zeichen setzen und auch an dieser Stelle sagen: Ein „Weiter so“ geht nicht mehr!

Aufgrund der Entwicklung der Finanzlage müssen wir an allen Stellschrauben Einsparungen möglich machen. Deshalb haben wir im Rahmen der Haushaltsdebatte eine befristete Deckelung von Neueinstellungen auf zwei 100%-Stellen pro Jahr beschlossen.

Dass von der Stadtverwaltung keine Erhöhung der Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuer geplant sind wird von uns begrüßt. Allerdings haben wir Bedenken, ob unser Haushalt vom Regierungspräsidium genehmigungsfähig ist und wir nicht über Vorgaben der Aufsichtsbehörde zu einer Steuererhöhung genötigt werden.

Gemeinsam könnten wir auch noch weitere wichtige Themen, wie die Verwaltungsdigitalisierung, die Digitalisierung an Schulen, aber auch das Thema Klimaschutz und die geplante Klimaneutralität der Stadtverwaltung 2035 betrachten, doch bleibt uns heute hierfür nicht die Zeit. Deshalb möchte ich nun abschließend nochmals zusammenfassen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

unsere finanzielle Lage verlangt es, die Zügel kürzer zu fassen und auch gegenüber Bund und Land zu signalisieren, dass wir so nicht weiter machen können. Gemeinsam muss es im Schulterschluss mit Bund, Land und Kommunen gelingen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nutzen wir nun alle die Weihnachtsfeiertage einen Blick auf das im vergangenen Jahr geleistete zu richten und Kraft für die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft zu sammeln.

Im Namen der Freien Wähler Winnenden möchten wir uns bei Ihnen, Herr Oberbürgermeister Holzwarth, sowie bei Ihren Kollegen Herr Bürgermeister Sailer und Herr Bürgermeister Haas für die Unterstützung im vergangenen Jahr bedanken. Natürlich gilt dieser Dank auch allen Mitarbeitenden der Stadt Winnenden und den dazugehörigen Töchtern. Unseren ausdrücklichen Dank richten wir auch an unsere Kolleginnen und Kollegen hier im Gremium – vielen Dank für die gute Zusammenarbeit.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen gesegnete Weihnachten und ein erfolgreiches Jahr 2023!

Winnenden, den 13.12.2022/ Hans Ilg

 

 

 

 

 

 


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