Stellungnahme der Freien Wählervereinigung zum Haushalt der Stadt Winnenden 2024
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Holzwarth,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Sailer,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Haas,
werte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
verehrte Zuhörer und Gäste der heutigen Gemeinderatssitzung,
vor 30 Jahren, 1993 habe ich zum ersten Mal für unsere Fraktion zum Haushaltsentwurf der Stadt Winnenden Stellung genommen. Seit damals bis heute hatten wir mehrere Höhen und Tiefen. Bis zur Corona-Pandemie erfreuten wir uns an einer Nullverschuldung des Kernhaushaltes. Allerdings hatten wir da schon die größten Kostenträger, wie das „Wunnebad“, an die Stadtwerke übertragen und den sozialen Wohnungsbau über die Verschuldung des Eigenbetriebs „Stadtbau Winnenden“ finanziert. Der zum Jahresende 2024 geplante konsolidierte Schuldenstand von Stadt und Stadtbau beläuft sich zusammen auf 62,5 Mio.€. Mit den im Jahr 2024 neu aufzunehmenden Krediten der Stadtwerke reißen wir locker die 100 Millionengrenze im Konzern Stadt Winnenden. Die Finanzen der Stadt befinden sich auf dem Sinkflug.
Mit der Umstellung des Haushaltes von der Kameralistik zu Doppik vor 5 Jahren ging uns und der Verwaltung zum Teil der Überblick über die Haushaltsentwicklung verloren und „wir bewegten uns etwas im Ungefähren“ wie sie Herr Oberbürgermeister bei der Haushaltseinbringung vor einem Jahr feststellten. Dazu kommt, dass wir uns seit Beginn der Pandemie in einer Dauerkrise befinden. Die Auswirkungen des Ukrainekriegs und die dadurch ausgelöste Energiekrise führten zu Kostensteigerungen, zu einer ausufernden Inflation und in der Folge zu einem stark steigenden Zinsniveau.
In Berlin werden wir von einer Ampelkoalition regiert die mehr streitet als Entscheidungen zu treffen. Jede der an der Regierung beteiligten Parteien will ihre Ideologie durchsetzen. In Deutschland mangelt es an Wohnraum, an Kita-Plätzen, an Schulraum. Dazu kommt eine marode Bundeswehr, die eigentlich Verteidigungsunfähig ist. Wir brauchen einen klaren Plan wie der Klimawandel zu bewältigen ist und wie wir die Transformation unserer Wirtschaft meistern. Die größte Herausforderung ist der Umgang mit der Migration, die Aufnahme von Geflüchteten und die Eindämmung der illegalen Migration. Durch das Verfassungsgerichtsurteil, zur Änderung des Nachtragshaushalts, wurde jetzt den Taschenspielertricks der Bundesregierung ein Ende gesetzt, dies verschärft die momentane Krise noch zusätzlich.
Aber nun den Blick auf unsere Stadt:
Die aktuell größte Aufgabe für unserer Stadt ist die Unterbringung der uns zugewiesenen geflüchteten Menschen. Nachdem die erste Welle der Flüchtlinge aus der Ukraine meistens in Privatwohnungen untergebracht werden konnte, mangelt es nun an zahlreichen Unterbringungsmöglichkeiten. Weitere Optionen zur Unterbringung dieser Menschen zu finden ist nicht einfach, überall kommt es zu Nachbareinwendungen wie die Beispiele in der Hofkammerstraße, der Ruitzenmühle und die aktuelle Diskussion um die Nutzung des Sportplatzes in Höfen zeigen.
In Diskussionen mit betroffenen Bürgerinnen und Bürgern haben wir immer gesagt, dass wir die uns zugewiesenen Flüchtlinge nicht in einem Bereich konzentrieren, sondern im Stadtgebiet verteilt unterbringen wollen. Dazu stehen wir bis heute. Alle Möglichkeiten in der Kernstadt und den Teilorten müssen geprüft werden, um im Bedarfsfall auf diese Möglichkeiten zurückgreifen zu können. Hierbei sind die verschiedenen Bedarfe und Bedenken der Bürgerschaft aber zugleich auch die Notwendigkeiten der Stadtverwaltung zu berücksichtigen. Weitere Sporthallenbelegungen sind zu vermeiden.
Im Bereich der Bildung und Betreuung sind im vorliegenden Haushaltsplan die größten Investitionen geplant. Die Sanierung des Lessinggymnasiums wird im nächsten Jahr abgeschlossen. Die digitale Infrastruktur der Winnender Schulen wird aufgebaut.
Der Rechtsanspruch für Kleinkinder auf eine Kita-Platz erforderte bisher schon Millioneninvestitionen. Um diesem Rechtsanspruch weiterhin gerecht zu werden sind zusätzliche Millionen notwendig, wie die Entwicklung der Baukosten für die gerade eingeweihte „Kita-Adelsbach“ und die aktuellen Bauvorhaben am „Koppelesbach“ und am „Douglasienweg“ zeigen.
Ab 2026 kommt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule dazu. Bund und Länder beschließen, definieren die Standards und ordnen an. Städte und Gemeinden müssen diese umsetzten. Allerdings fehlt hierfür aktuell noch das zugesagte Investitionsförderprogramm. Bereits für den Umbau der Hungerbergschule zur Ganztagsschule fehlen uns die Mittel. An den Ausbau weiterer Ganztagsschulen ist derzeit nicht zu denken.
Die Stadt Winnenden hat sich zum Ziel gesetzt die Kommunalverwaltung, einschließlich der Stadtwerke bis 2035 weitestgehend klimaneutral aufzustellen. Dieser Umbau zur klimaneutralen Verwaltung bedarf zusätzlicher Mittel, die ebenfalls nicht vorhanden sind.
Mit Gründung unseres Eigenbetriebs der „Stadtbau Winnenden“ haben wir uns vorgenommen bezahlbaren Wohnraum in Winnenden zu schaffen. Dies wurde bisher erfolgreich umgesetzt und von uns positiv mitbegleitet. Mit dem Baubeginn der 50 Sozialwohnungen im Schelmenholz, inklusive eines viergruppigen Kindergartens wurden nach unserer Ansicht die Grenzen des Investitionsvolumens für die Stadtbau erreicht. Wir sehen die Gefahr, dass durch die stark gestiegenen Baukosten und die steigenden Zinsen der Zuschussbedarf für die Stadt Winnenden steigt und dadurch unser Ergebnishaushalt zusätzlich belastet wird. Um weiterhin notwendigen Sozialwohnungsbau betreiben zu können, müssen wir auf andere Finanzierungmodelle umsteigen, ähnlich wie bei dem mit der Kreisbau umgesetzten Bauvorhaben in Höfen. Wir bitten die Stadtverwaltung bei zukünftigen Bauvorhaben zu prüfen inwieweit wir gemeinwohlorientierte Bauträger wie die BGW Winnenden oder die Kreisbaugruppe einbeziehen können.
Der kurz vor der Haushaltsplanberatung fertig gestellte Wirtschaftsplan der Stadtwerke überraschte uns negativ. Der Abmangelausgleich für das Wunnebad verdoppelt sich fast, von 1,35 Millionen € auf 2,5 Millionen €. Wir sind gespannt, ob sich nach Wiedereröffnung des Bades die von der Beratungsgesellschaft prognostizierten Besucherzahlen und Umsätze einstellen oder ob es zu weiter steigenden Zuschüssen kommt, die uns dann noch Jahre begleiten. Wir hoffen, dass wir mit diesen Investitionen das Wunnebad so attraktiv für die Bürgerschaft und Gäste von Nah und Fern gestalten und diese das Bad aktiv nutzen.
Unsere Gewerbesteuereinnahmen sind stabil, innerhalb der letzten 10 Jahre, seit 2014, haben sich die Einnahmen fast verdoppelt, sie stiegen von 14 Millionen auf 27 Millionen, nur während der Corona-Pandemie 2020 waren sie kurz rückläufig. Trotzdem schlägt die Verwaltung eine Erhöhung des Hebesatzes von 370 auf 390 um 20 Punkte vor. In dieser Höhe halten wir den Anstieg für nicht vertretbar und lehnen eine entsprechende Erhöhung in dieser Höhe ab. Durch die hinter uns liegende Corona-Pandemie kam es für die Gewerbebetriebe und Unternehmen zu Umsatzeinbußen, dazu kommen aktuell hohe Energiekosten, steigende Personal- und Materialkosten, die die Betriebe in ihrer Existenz gefährden. Im Rahmen der Haushaltsplanberatung haben wir einen Kompromiss gefunden und im Zuge dessen als Freie Wähler Fraktion einer Erhöhung um 10 Punkte zugestimmt. Mehr geht aus unserer Sicht nicht.
Die Stadtverwaltung hat ab 01.01.2024 bei der Grundsteuer B eine Erhöhung des Hebesatzes von 420 auf 450 um 30 Punkte vorgeschlagen. Die Erhöhung in diesem Umfang halten wir für unsozial und nicht vertretbar. Wir haben dieser Erhöhung nicht zugestimmt, wir halten, als Inflationsausgleich, einen Hebesatz mit 440 Punkten für gerade noch vertretbar. Insgesamt ist bei der Entwicklung unserer Steuereinnahmen nicht zu erkennen, dass wir ein Einnahmeproblem haben.
Anders sieht es auf der Ausgabenseite aus. Am stärksten belastet wird der Ergebnishaushalt durch die stark steigenden Personalkosten. Sie nehmen einen immer größeren Teil an den Ausgaben ein, allein im nächsten Jahr steigen sie um rund 10%. Der Anstieg der Personalkosten muss eingedämmt werden. Es muss Schluss sein mit dem Ausbau weiterer Stellen in der Kommunalverwaltung. Unsere Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns, dass sich Investitionen in die Digitalisierung in schlankeren, schnelleren Abläufen und in Einsparungen in anderen kommunalen Bereichen niederschlagen. In diesem Jahr ist es der Stadtverwaltung mit einer kleinen erneuten Korrektur gelungen in der Kernverwaltung unserem Antrag mit 2 VZÄ pro Haushaltsjahr gerecht zu werden. Wir erwarten, dass die Verwaltung dies weiter berücksichtigt oder gar noch verbessert.
Darüber hinaus sind die Auswirkungen unserer zukünftigen Investitionen auf den Haushalt realistischer und belastbarer zu planen. Vor allem müssen die Folgekosten klar auf dem Tisch liegen, das gilt vor allem bei der Erschließung von neuen Baugebieten. Die Fokussierung muss auf den Pflichtausgaben liegen, Freiwilligkeitsleistungen sind kritisch zu hinterfragen und nach Diskussion zu kürzen. Das muss auch unseren Bürgerinnen und Bürgern klar gesagt werden. Für Utopien, wie die Beteiligung an der IBA, ist kein Platz im Haushalt. Planungskosten sind zu reduzieren.
Wir blicken sorgenvoll auf die nächsten Jahre. Deutschland befindet sich auf dem Sinkflug. Die deutsche Wirtschaft stagniert. Der Staat kann seine Aufgaben zunehmend nicht mehr erfüllen. Die Infrastruktur von Straßen, Brücken, Bahn- und Stromtrassen lässt zunehmend zu wünschen übrig. Eine überbordende Bürokratie aller Verwaltungsebenen und fehlende klare Entscheidungen der Bundesregierung erschweren Veränderungen. Ein großer Teil der Bürgerinnen und Bürger hat ein schwindendes Vertrauen in die Handlungsfähigkeit unseres Staates. Ein Alarmsignal ist die sinkende Demokratiezufriedenheit in der Bevölkerung und die letzten Wahlergebnisse in den Bundesländern. Jede Regierung verspricht Bürokratieabbau, will die Verwaltung verschlanken und unnötige Vorschriften abschaffen – leider kommen immer mehr neue Vorschriften dazu.
Eine Entbürokratisierung und eine Modernisierung der Verwaltung ist auf allen Ebenen dringend erforderlich. Zusätzlich müssen bestehende Standards überprüft und Auswüchse beseitigt werden. Wir hoffen stark auf die Ergebnisse der Entlastungsallianz in Baden-Württemberg, in welchem die Kommunalen Landesverbände die Interessen der Gemeinden und Städte einbringen.
Für diesen und die folgenden Haushalte der Stadt, der Stadtwerke und der Stadtbau gilt, die Ausgaben auf das Notwendigste zu beschränken, realistisch zu planen und auf Utopien zu verzichten. Wir erwarten trotz aller Engpässe, soweit noch nicht vorhanden, eine bürgerfreundliche Verwaltung, die rechtzeitig und umfassend informiert und sich als Partner unser Bürgerinnen und Bürger sieht.
Immerhin haben wir, wenn wir diesen Haushalt heute verabschieden, im Gegensatz zu unserer Bundessregierung einen, auf Kante genähten, aber gültigen Haushalt für 2024.
Im Namen der Freien Wähler Winnenden möchten wir uns bei Ihnen, Herr Oberbürgermeister Holzwarth, sowie bei Ihren Kollegen Herr Bürgermeister Sailer und Herr Bürgermeister Haas für die Zusammenarbeit im vergangenen Jahr bedanken. Natürlich gilt dieser Dank auch allen Mitarbeitenden der Stadt Winnenden und den dazugehörigen Töchtern. Unseren ausdrücklichen Dank richten wir auch an unsere Kolleginnen und Kollegen hier im Gremium – vielen Dank für die gute Zusammenarbeit.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen gesegnete Weihnachten und ein erfolgreiches Jahr 2024!
Winnenden, den 13.12.2024
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